Nachhaltige Kraftstoffe, Chemikalien und Polymere aus Sonne und CO2

Die Nutzung von Kohlendioxid, unter Experten „Carbon Capture & Utilization (CCU)“ genannt, kommt in Schwung. Einige Technologien sind inzwischen weit entwickelt und erlauben in naher Zukunft ein Hochskalieren auf Industriemaßstab.
In Essen trafen sich Ende September 170 Experten aus 25 Ländern zur größten europäischen Konferenz im Jahr 2015 zur Nutzung von CO2 mit Hilfe erneuerbarer Energien, der „4th Conference on Carbon Dioxide as Feedstock for Fuels, Chemistry and Polymers“.

Wichtigste Ergebnisse in Kürze
Die Nutzung von CO2 mit erneuerbaren Energien hat ein sehr großes Potenzial.
Einige CCU-Technologien sind bereits weit entwickelt und es steht ein Hochskalieren auf Industriemaßstab an; andere Technologien sind noch im Labor- oder Pilotmaßstab.
Angeregt diskutiert wurde über den richtigen Weg der Implementierung, reichen Forschungsprogramme oder sind konkrete Marktanreize vonnöten?
Eine besondere Chance bietet der Flugsektor, der mit solaren Flugtreibstoffen seine CO2-Emissionen ganz erheblich reduzieren könnte.

Große Visionen – aber auch große Potenziale
„Grundsätzlich kann der gesamte Bedarf an Energieträgern und Chemierohstoffen mit erneuerbaren Energien und CCU-Technologien langfristig und nachhaltig gedeckt werden“, so Michael Carus, Diplomphysiker und Geschäftsführer des Veranstalters nova-Institut. Er rechnete vor, dass selbst unter Berücksichtigung von Netz- und Speicheraufbau im Jahr 2050 5 bis 10 % der weltweiten Wüstenflächen ausreichen würden, um mit Fotovoltaik und CCU den globalen Energiebedarf sowie den gesamten Kohlenstoffbedarf der Chemie- und Kunststoffindustrie zu decken. „Das bedeutet“, so Carus, „dass es vor allem eine Frage der richtigen politischen Weichenstellung und der Investitionen ist, ob wir zukünftig weltweit Rohstoffengpässe bekommen werden oder nicht.“
Es sei zudem wichtig, „der Gesellschaft und Politik eine positive Vision aufzuzeigen, Mut zu machen, neue Wege zu gehen.“ Diese Sichtweise fand viel Unterstützung, stieß aber in den angeregten Diskussionen auch auf Kritik. Katy Armstrong (UK) vom internationalen Netzwerk CO2Chem und dem europäischen Forschungsprojekt SCOT (Smart CO2 Transformation) gab zu bedenken, dass man keine übertriebenen Hoffnungen wecken solle. Aktuell wäre schon viel gewonnen, wenn man in einem Pilotprojekt eine entlegene Insel mit Windstrom und CCU-Kraftstoffen für die lokale Bevölkerung versorgen könne.

Politische Anreize schaffen?
Lange Diskussionen gab es entsprechend zum Thema, wie man die Implementation von CCU-Anlagen beschleunigen könne und solle. Auch wenn viele Technologien schon recht weit sind und ein Hochskalieren auf Industriemaßstab wenig Risiko birgt, bleiben die CCU-Kraftstoffe und -Chemiegrundstoffe gegenüber ihrer fossilen Konkurrenz um den Faktor 2 bis 3 teurer. Dafür zeigen sie aber nach ersten Ökobilanzen sehr niedrige Carbon Footprints, sogar deutlich geringere als die der besten Biokraftstoffe. Wie kann man die neuen Technologien also in den Markt bringen? Reicht weitere Forschung, die nun europaweit mit verschiedenen Ausschreibungen vorangetrieben werden soll? Muss die Politik Marktanreize setzen? Wann ist hierfür der richtige Zeitpunkt und wie sollen sie aussehen?

Michael Carus beendete seinen visionären Vortrag über das Potenzial der Solar- und CCU-Technologien mit dem Satz: „Erneuerbare Energien und CCU stellen nicht weniger als eine Nachhaltigkeitsrevolution der Energie- und Rohstoffversorgung dar“.

Nur müssen Politik, NGOs und die Gesellschaft dies noch merken!

 

Vollständige Pressemitteilung: news.bio-based.eu
Alle Vorträge der Konferenz stehen in Kürze unter folgendem Link zur Verfügung: http://bio-based.eu/proceedings